
Was in Südamerika geklappt hat, soll auch hier funktionieren. Tischler Martin Schröter setzt auf Qualität und originelle Ideen.
Von Frank-Uwe Michel
Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen. Martin Schröter ist trotz seiner erst 32 Jahre schon viel herumgekommen in der Welt. Fast hätte er in Südamerika dauerhaft Fuß gefasst. Doch nun ist der gebürtige Görlitzer, der seine Kindheit und Jugend in Niesky verbracht hat, wieder hier. In der alten Heimat soll es jetzt beruflich vorwärtsgehen. Schröter ist gelernter Holzmechaniker, hat eine IHK-Ausbildung absolviert und war dann im Görlitzer Waggonbau als Tischler angestellt.
Ein freiwilliges Auslandsjahr verschlug ihn nach Bolivien. „Ich habe dort in meinem Beruf in einem Kinderheim gearbeitet und den Jungs dort Sachen beigebracht, die sie in ihrem Leben immer brauchen können“, erzählt er von dieser für ihn sehr prägenden Zeit. Gegen Ende seines Aufenthaltes wurde er in einer neuen Werkstatt eingesetzt, die sich auf das Knüpfen von Armbändern spezialisierte. „Von denen habe ich viele nach Deutschland mitgebracht, sie hier verkauft, Spenden gesammelt und Vorträge gehalten und das so eingenommene Geld dann nach Bolivien geschickt.“
Drei Monate hielt es Martin Schröter in Niesky aus, dann kehrte er zurück nach Südamerika. Der Antrieb war nicht nur seine Neugier, sondern auch ganz privater, Natur. Denn während seines Freiwilligendienstes hatte er seine zukünftige Frau kennengelernt. „Ich war dort drei Jahre als Tischler angestellt, habe mich danach selbstständig gemacht.“ Mit großem Erfolg.
Nicht nur in der Bautischlerei, auch mit seinen Möbeln fand Schröter Kunden. „Natürlich sind in Bolivien die gesellschaftlichen Schichten stärker ausgeprägt als in Deutschland. Aber Interessenten, die für meine Möbel zahlen wollten und konnten, habe ich auch da gefunden.“ Anklang fanden ungewöhnliche Ideen wie ein Tisch, der ausgezogen immer noch rund ist oder ein Barwagen ohne Scharniere.
2016 war dann das Jahr, in dem sich vieles änderte. Martin Schröter heiratete, bekam seinen ersten Sohn und siedelte mit seiner kleinen Familie nach Deutschland über. Hier ließ er sich erneut in seinem Beruf anstellen, absolvierte parallel dazu aber ein Fernstudium und machte 2018 seinen Tischlermeister. An sein Meisterstück erinnert er sich noch ganz genau: „Das war ein begehbarer Garderobenschrank.“ Für die Selbstständigkeit entschied er sich eher spontan. „Ich war 2019 mit meinem zweiten Sohn noch in der Elternzeit, habe dann aber nichts gefunden, was gepasst hätte.“ So nahm er ein Coaching für Unternehmensgründer wahr. „Und jetzt bin ich mit meiner eigenen Firma auf dem Markt!“
Martin Schröter hat sich in die Nieskyer Tischlerei Siebenhaar eingemietet. In der Werkstatt, in der Herbert-Balzer-Straße, entstehen nun Kreationen mit dem Logo, das den Mond und eine Luchs-Tatze zeigt. So nennt er seine Firma: Mond-Luchs- Tischlerei. „Ich bin von beiden Komponenten absolut fasziniert. Der Mond hat als Himmelskörper großen Einfluss auf unsere Erde. Und der Luchs ist ein sehr intelligentes Tier. Ich wollte das einfach kombinieren.“
Seit Anfang April konzentriert er sich auf individuelle Möbel-Herstellung und Innenausbau. Die Einschränkungen durch die Krise stören ihn kaum. „Für mich war klar, dass ich das jetzt machen würde. Nun muss der Start eben unter erschwerten Bedingungen gelingen.“ Und das geplante Hoffest zum Auftakt wird nachgeholt.
Quelle: Sächsische Zeitung, Lokalausgabe Niesky| Erscheinungsdatum: 25.04.2020 | Seite: 17 | Artikelbezeichnung: Bolivien-Rückkehrer startet in Niesky durch

Aicko Kopke, Martin Schröter und Laura Rose (von links) bauen in Petershain zusammen die Givebox auf. Sobald es die Corona-Einschränkungen zulassen, soll sie im Nieskyer Stadtzentrum ihren Platz finden. © André Schulze | Von Frank-Uwe Michel 4 Min. Lesedauer
Gebrauchtes bald für Jedermann
Warum Niesky eine Givebox bekommt und wie sie den Menschen in der Stadt helfen soll. Stabil soll es sein, ein bisschen bunt und viel Inhalt soll es aufnehmen können - das kleine Häuschen, das als sogenannte Givebox den Menschen in Niesky ein öffentliches Geben und Nehmen ermöglichen soll. Die Idee dazu ist schon vorhanden, und bald schon könnte sie umgesetzt werden.
Nieskyer Givebox wäre ein Novum in der Region
Laura Rose ist gebürtige Nieskyerin. Und auch, wenn sie acht Jahre nicht hier war, hat sie ihre Heimatstadt nie vergessen. Seit einiger Zeit ist sie wieder zurück. Aber gerade die Rückbesinnung an Berlin, wo sie gewohnt und gearbeitet hat, brachte sie auf einen Gedanken. "Mich haben dort die Giveboxen absolut fasziniert. In jedem Stadtteil gibt's dort welche. Und sie werden von den Menschen sehr gut angenommen."
Give - was? "Das sind kleine Buden, in die man gut erhaltene, nicht mehr gebrauchte Dinge legen kann. Und andere, die sich dafür interessieren, nehmen sie einfach mit. Oder legen etwas anderes hin, so dass ein reger Austausch entsteht", erklärt die 31-Jährige, die in Kodersdorf als Erzieherin arbeitet. Während es Bücherboxen auch in der Oberlausitz schon gibt, wäre die Nieskyer Givebox ein Novum in der Region.
Stadt stellt Platz zur Verfügung, aber kein Geld
Auch Beate Hoffmann kann sich eine solche "Tauschkiste" gut vorstellen in ihrer Stadt. "Ich finde die Idee super", sagt die Nieskyer Oberbürgermeisterin. Allerdings müsse man erst warten, bis sich die Zeiten normalisiert hätten. Mit Corona und der damit verbundenen Ansteckungsgefahr sei das Projekt momentan nur schwer zu verwirklichen. "Aber ich denke, dass die Aktion bei unseren Bürgern gut ankommen wird." Die Stadt stelle den Platz zur Verfügung, finanzielle Unterstützung leisten könne sie aufgrund der angespanten Haushaltslage aber nicht.
Standort direkt neben dem Raschke-Haus
Den passenden Standort hat man offenbar schon gefunden, denn auch Eva-Maria Bergmann zeigt sich begeistert von der Idee. Nachhaltigkeit sei in der Gesellschaft ja ein großes Thema. "Wer gebrauchte Dinge weitergibt oder selbst davon profitiert, braucht sich nichts Neues zu kaufen und schont damit Ressourcen", führt die Museumschefin den entscheidenden Vorteil an.
Direkt neben dem Raschke-Haus könnte die Givebox aufgebaut werden. "Der Standort mitten im Stadtzentum ist gut gewählt. Hier muss fast jeder vorbei, der durch Niesky geht." Sie selbst wolle eine Patenschaft übernehmen. Das heißt: kontrollieren, sauber machen, zuweilen auch mal etwas aussortieren.
Kindersachen, Spielzeug und Haushaltsgeräte
Eva-Maria Bergmann schätzt die Nieskyer als so ordnungsliebend ein, dass die Givebox nicht zur Müllhalde wird. "Wir müssen einfach ausprobieren, wie es läuft. Aber das Prinzip funktioniert schon in vielen anderen Städten. Ich denke, dass wir das auch hinbekommen." Als Inhalt könnte sie sich neben Büchern auch Kindersachen, Spielzeug und Haushaltsgeräte vorstellen - eben alles, was mal angeschafft wurde und zu Hause keine Verwendung mehr findet, trotzdem aber noch gut zu gebrauchen ist. Finden die Dinge nach zwei Wochen keinen Abnehmer, werden sie entsorgt.
Holzbude wird gebaut aus Recyclingmaterial
Laura Rose ist froh über die bisher durchweg positive Resonanz. Zusammen mit ein paar Freunden ist sie momentan dabei, die kleine Holzbude zu errichten. Zweimal 1,50 Meter groß soll sie werden - gebaut aus vorwiegend recyceltem Material. Latten und alte Dielenbodenbretter sind schon da, hinzu kommen noch ein Fenster und eine Schiebetür. Balken, Farbe und das Plexiglas fürs Dach werden gesponsert. "Es ist schön, dass sich mehrere Nieskyer Firmen so engagieren", sagt die Initiatorin. Auch die Tischler Martin Schröter und Aicko Kopke sind mit von der Partie. Damit bekommt das Projekt auch die so wichtige Fachkenntnis.
Eröffnungstermin steht noch nicht fest
Mit Vorfreude sieht Laura Rose dem Aufstellen der Givebox entgegen, auch wenn den Termin momentan noch keiner festlegen kann. Dann soll es vor Ort am Museum ein kleines Fest geben. Und möglicherweise zieht sie bis dahin weitere Unterstützer an Land. Denn für die Außengestaltung möchte sie am liebsten eine Kita begeistern oder eine Grundschulklasse mit einbeziehen.

Bolivische Gelassenheit in turbulenten Zeiten
Martin Schröter wagt sich zum zweiten Mal in die Selbstständigkeit
Zwei Dinge kann man Martin Schröter nicht absprechen: Mut und Tatendrang. Mitten in der Corona-Krise wagte der Tischlermeister den Schritt in die Selbstständigkeit und ist nun stolzer Inhaber der Tischlerei „Mond Luchs“. Dass ein echter Macher in dem 32-Jährigen steckt, wird aber erst auf den zweiten Blick deutlich. Bevor er sich nämlich in Niesky niederließ, nannte er sechs Jahre lang Bolivien seine Heimat und führte dort schon einmal erfolgreich seinen eigenen Betrieb.
Hört man Martin Schröter bei seinen Erzählungen zu, bekommt man schnell den Eindruck, dass die Welt für ihn nicht groß genug ist. Im sächsischen Niesky aufgewachsen, zog es ihn nach der Tischlerlehre und einer dreijährigen Anstellung in seinem Ausbildungsbetrieb nach Südamerika. „Ich wollte neue Erfahrungen sammeln und entschied mich daher für den Zivildienst in Bolivien. Dort habe ich mich in das Land verliebt“, erinnert er sich. Zurück in Deutschland konnte der gebürtige Görlitzer nicht leugnen, dass er sich nur schwer mit den hiesigen Arbeitsstrukturen anfreunden kann, sodass er nach nur drei Monaten erneuten „Auf Wiedersehen“ sagte – nun mit dem Plan, seinen Lebensmittelpunkt für längere Zeit nach Bolivien zu verlagern. Zunächst als angestellter Tischler und späterer Vorarbeiter verwandelte er das Fremde und sein Zuhause. Er machte sich selbstständig, lernte die für uns etwas chaotischen Arbeitsweisen kennen, heiratete und gründete eine Familie.
„Ich kann mir für die charakterliche Weiterentwicklung nichts Besseres vorstellen, als für längere Zeit ins Ausland zu gehen“, macht Martin Schröter deutlich. „Man lernt, auch mit ungewohnten Situationen klarzukommen und sich durchzuboxen.“
Alles auf Anfang
„Dennoch, oder gerade deswegen, kam für mich und meine Frau irgendwann der Punkt, an dem wir beschlossen haben, nach Deutschland zu ziehen. Ich war so lange in der Ferne, dass ich anfangs ein paar unerwartete Hindernisse überwinden musste, wie zum Beispiel manche Wortfindungsschwierigkeit. Unter anderem war es deswegen ein neues Abenteuer für mich, in die alte Heimat zurückzukehren.“ Das ist nun dreieinhalb Jahre her. Seitdem ist viel passiert: Der Handwerker ist zum zweiten Mal Vater geworden und hat – ebenfalls zum zweiten Mal – die Selbstständigkeit angemeldet. Sein Ziel: „Ich möchte sehr besondere Möbelstücke schaffen, die eine Geschichte erzählen. Sie sollen ungewöhnlich und eindrucksvoll sein – das habe ich auch versucht, mit dem Namen ‚Mond Luchs‘ auszudrücken.“ Einen Einblick in seine Arbeit gibt er in in seinem Kanal auf YouTube oder auch bei Facebook.
Martin Schröter ist kein Mann, für den Stillstand eine Option ist. Immer wieder wagt er sich an neue Projekte, probiert sich aus. Die Meisterausbildung bei der Handwerkskammer Dresden war da nur der logische nächste Schritt. „Vom ersten Tag an habe ich volle Unterstützung von der Handwerkskammer und den Ausbildern in njumii – das Bildungszentrum des Handwerks erhalten, auch später in der Frühgründungsphase. Dafür ein großes Dankeschön!“
Die Zukunft kann kommen
In Bolivien hat Martin Schröter gelernt, das Leben gelassen zu sehen und an seinen Träumen festzuhalten. Ein Wissen, das ihm jetzt wohl mehr denn je hilft. „Corona hat uns noch fest im Griff und natürlich ist diese Situation als Jungunternehmer nicht einfach. Aber ich sehe keinen Grund dafür, den Kopf in den Sand zu stecken. Es geht immer weiter. Aufgeben ist keine Option. Jede Krise zwingt uns dazu, uns weiterzuentwickeln, neue Wege auszuprobieren.“ Und dass Niesky dafür genau der richtige Ort ist, da ist sich der Tischlermeister sicher. „Wir fühlen uns sehr wohl. Außerdem liegen hier nicht nur die Wurzeln meiner Familie, sondern auch die meines Handwerks. Schon mein Opa war Tischler, sodass sich der Kreis jetzt in gewisser Weise wieder schließt.“
Infokasten
Martin Schröter unterstützte in Bolivien das Projekt „Fundación Amanece“. Kindern aus schwierigen Verhältnissen und ohne Perspektive wird hier die Chance auf Schutz und Bildung gegeben.